Dichtestress

Vor einigen Wochen waren wir per Bahn quer durch Deutschland unterwegs.
Für das letzte Stück erreichten wir gerade noch eine vollkommen überfüllte Regionalbahn, deren Anblick den Schluss zuließ, dass hier nicht mal mehr ein Suppenkaspar im Endstadium Platz finden würde. Aber er täuschte. Es fanden noch viele, viele Hulk Hogans Platz. An jeder Haltestelle kamen welche dazu. Wir standen dicht an dicht, und jeder Neuankömmling fand noch einen Platz für seine Füße.

Man könnte also meinen, dass hier der völlige Dichtestress herrschte. Nun ja, dicht war es, aber der Stress fehlte. Warum? Weil alle sich zu benehmen wussten. Niemand wurde pampig oder unfreundlich, niemand – bis auf eine Kopftuch-Muslima die ihre Logorrhöe an ihrem Phone abreagierte – musste quatschen, Filme schauen, fiepende Spiele spielen. Ruhig war es, solidarisch irgendwie. Zivil.

Was mich doch auf den Gedanken brachte, dass „Dichtestress“ überhaupt nichts mit der Menge oder Masse der Menschen zu tun hat, sondern mit ihrem Verhalten.

So wie ich einmal in einem 1. Klasse Wagen saß. Wir waren zu dritt im ganzen Waggon, und einer von uns drei musste in sein Phone labern, all the way. Das war Dichtestress.

Dichtestress ist dann, wenn du die Kontrolle über die olfaktorischen, optischen, ästhetischen, akkustischen und haptischen Komponenten des menschlichen Zusammenlebens verloren hast.

An was liegts also?
Dafür gabs früher ein Wort: Am Anstand.
Und noch früherer: Rücksichtnahme.

„You may say I’m a dreamer. Yeah, I’m often the only one.»

Eine Antwort auf „Dichtestress“

  1. Ich denke, Japan wäre Deine Wunschdestination? Dort hat man noch solch höfliches Benehmen. Und in vielen anderen Ländern Europas definitiv mehr Rücksichtnahme, als hier in Österreich. Woran liegt´s?

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