Vintage-Fußball

Als ich mich ein wenig für Fußball zu interessieren begann, was vor allem meinen Onkeln Toni, Albert und Walter geschuldet war, spielten noch die Charlton Brüder: Jack und Bobby. Sie waren die berühmtesten Fußballer der Sechziger, und sie waren Vorbilder. Vor allem auch für Fairplay, für einen Stil, der sportlich genannt werden konnte: Man teilte aus und steckte ein, und half dem Gefoulten wieder auf die Beine, man meckerte nicht rum, keine niederträchtigen Revanchefouls, kein Nachtreten: sie waren alle Gentlemen.

Und so sahen es auch meine Onkels, die auch Fußball spielten. Und so sah ich es auch, ich, der eigentlich nur Interesse an der Arbeit eines Torwarts hatte, und dann später auch im „Kasten“ stand. Noch etwas später dann im Handballtor.

Heute ist Fußball, wie der Tourismus, Krieg. Und wie jeder Krieg, ein Milliardenbusiness.

Mein Interesse an Fußball ist mäßig bis vernachnachläßigbar. Wobei ich gerne zugebe, dass es mitunter ein großartiges, und begeisterndes Spiel ist, mit wunderbaren Akteuren und großen Charakteren.
Aber alles, was nicht auf dem Platz geschieht, widert mich an. Maßenpsychosen, Chauvinismus, brutale Aggressivität, dumme Sprechchöre, besoffne Gewalt, um nur ein paar Zutaten zu nennen.

Das waren auch die Gründe, warum ich nur meiner Tochter zuliebe zwei-oder dreimal ins Stadion ging, aber oft gerne beim Boxen auftauchte. Die Stimmung im Publikum könnte unterschiedlicher nicht sein. Im Ring kämpft Mensch gegen Mensch, und versucht einen Sieg zu eringen, beim dem es von Vorteil ist, den anderen niederzuschlagen, so dass er bis 10 nicht wieder steht.
Im Publikum werden keine Fahnen geschwenkt, keine Beleidigungen gebrüllt, und die Zuschauer gehen auch sonst beinahe sanft miteinander um. Respektvoll, könnte man sagen.
Dieselbe publikumsmäßige Zurückhaltung kann auch beim Rugby sehen.
Es ist, als würde die Härte des Kampfes im Ring oder auf dem Feld, eine Art Katharsis beim Zuschauer bewirken.
Und wer wirklich Lust hat, die volle Härte eines Sports zu sehen, der möge sich den „Calcio storico“ in Florenz ansehen. Meine Fresse!

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