Die Stille. Oder fast …

Ich mag die Stille, noch beinahe mehr als Musik. Vom Rest will ich gar nicht erst reden. Da wo ich jetzt bin, ist es still, bis auf das ewige Rauschen des kleinen Wasserfalls in der Nähe, der je nach Jahreszeit am Volumregler dreht. Hin und wieder streicht ein Hubschrauber den Felswänden entlang, auf der Suche nach verunglückten Tourons, aber meistens in Transportabsicht.

Es gibt auch jede Menge Getier hier, und die wollen, dass man sie hört. Vor allem Vögel. Ihre Laute sind von sehr unterschiedlicher Komplexität. Da gibt es einen, ganz früh am Morgen, der wiederholt seine zwei Töne. Dafür laut. Das ist sein Song. Zwei Noten. Ich dachte dabei an einen Satz von Rolf-Dieter Brinkmann aus Rom.Blicke. «Der furchtbare Zwang im Gesang eines Vogels.» (Ist kein wortwörtliches Zitat. Nur sinngemäss.)

Ich erinnere mich, dass dieser Satz, den ich ca. 1980 gelesen habe, mich schockiert hat. Zwang? Im Vogelgesang? Der Schock kam daher, dass ich ahnte, dass Brinkmann recht hatte. Der Zwang zum Ausdruck. Der Vogel kann nicht anders. Er muss, wie er muss.

Es gibt einen fast winzigen Vogel, der oft in den Zweigen über meinem Kopf sitzt und tiriliert. Ich höre im zu. Er ist gut. Er verfügt über ein nicht umkomplexes Instrument. Und trotzdem bin ich nicht zufrieden mit ihm. Nach einer Weile nerven die Wiederholungen. Ich wünsche mir dann, dass er wegfliegt und jemanden anders beglückt. Tur er aber nicht. Er macht einfach weiter mit seinem Wiederholungen. Es gibt keine B-Seite.

Ich finde, er sollte sich kürzer fassen, an seinem Timing arbeiten, dann wäre ich sein Fan.
Aber, es ist kein Wunschkonzert. Und so muss ich ihm zuhören, solange es ihm beliebt mich zu beschallen. In dieser Hinsicht erinnert er mich an die Bauschlöcher in meiner Wiener Straße. „Der furchtbare Zwang im Gelärme der Bauschlöcher!»